BRC077 Journalismus und sein Publikum

Louise Sprengelmeyer und Julius Reimer erforschen, welche Beziehungen Journalist*innen zu ihrem Publikum pflegen. Sie erkennen elf verschiedene Beziehungstypen.

Das Verhältnis von Journalismus zu seinem Publikum hat sich durch die digitalen Medien sehr verändert. Während Journalisten und andere Medienschaffende ihr Publikum einst noch als anonyme Blackbox wahrnahmen, in die sie hineinsendeten und aus der selten etwas zurückkam, hat das Publikum heute ein klareres Gesicht. Auf diversen Plattformen sind Journalist*innen in oft permanentem Austausch mit ihren Leser*innen, Hörer*innen oder Zuschauer*innen, die in Echtzeit kommentieren, loben oder anprangern und dadurch Einfluss nehmen auf die Berichterstattung.

„Noch ist nicht ausgehandelt, was der Journalismus in dieser Beziehungspflege leisten kann, soll oder muss“, sagt der Journalismusforscher Julius Reimer. „Muss er sich mit dem Publikumsfeedback in all seiner Fülle auseinandersetzen? Muss er die Anschlusskommunikation an journalistische Beiträge mitmoderieren oder sie sogar anstoßen?“

Forschung über Journalismus-Publikums-Beziehungen

Gerade deshalb sei es auch so spannend, dass die Forschung sich der Journalismus-Publikums-Beziehung annimmt. „In ihrer Betrachtungsweise ist sie differenzierter geworden“, sagt Louise Sprengelmeyer, „auch deshalb, weil heute ganz einfach die Möglichkeit besteht, das Publikum in seiner Vielfältigkeit und seinen unterschiedlichen Erwartungen überhaupt wahrzunehmen“.

In ihrer Journalismus-Publikums-Studie haben Louise Sprengelmeyer und Julius Reimer qualitative Interviews mit über fünfzig Journalist*innen aus unterschiedlichen Mediengattungen und Fachrichtungen in Deutschland geführt und sie über ihre Erfahrungen im Umgang mit dem eigenen Publikum befragt. Elf verschiedene Beziehungstypen konnten sie unterscheiden.

 

Links

Zur Studie (Link folgt)

Interviewreihe auf dem HBI-Blog

Julius Reimer

Louise Sprengelmeyer

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

BRC052 Was Journalisten sollen und wollen

Eine neue Studie des HBI untersucht die Erwartungen der deutschen Bevölkerung an den Journalismus und vergleicht sie mit den Erwartungen, die Journalist*innen an sich selbst haben. Ergebnis: Zwischen beiden Parteien herrscht große Einigkeit darüber, was Journalismus leisten sollte. Die repräsentative Bevölkerungsumfrage wurde von der ZEIT-Stiftung gefördert. Johanna Sebauer hat mit den Autor*innen Prof. Dr. Wiebke Loosen und Dr. Sascha Hölig gesprochen

Objektiv berichten, analysieren und Geschehnisse einordnen. Das – darüber sind sich Journalist*innen und ihr Publikum in Deutschland einig – sind die wichtigsten Aufgaben des Journalismus. Aber auch Toleranz und kulturelle Vielfalt innerhalb der Gesellschaft zu fördern, ist geboten. Besonders wichtig ist dem Publikum außerdem, dass Journalist*innen ihre Quellen transparent machen und ihre Themenauswahl erläutern.

1000 Leute wurden im Rahmen dieser Studie in einer repräsentativen Umfrage befragt. Die Ergebnisse wurden verglichen mit den Befunden der Worlds of Journalism-Studie von Hanitzsch et al., die deutsche Journalist*innen nach ihrem Rollenselbstverständnis gefragt. Wiebke Loosen und Sascha Hölig besprechen die Ergebnisse im Detail in dieser Episode.

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Links

Die Studie

Erwähnte Studien

Prof. Dr. Wiebke Loosen

Dr. Sascha Hölig

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

BRC039 Der Fall Relotius

Der Fälschungsskandal um Claas Relotius hat Ende 2018 die Medienwelt erschüttert. Einige Wochen sind seither vergangen, mit etwas Abstand blickt die Journalismusforscherin Prof. Dr. Wiebke Loosen im aktuellen BredowCast auf die Geschehnisse und Hintergründe.

Im Dezember 2018, kurz vor Weihnachten gab der SPIEGEL bekannt, in einen schwerwiegenden Betrugsfall verstrickt worden zu sein. Claas Relotius, ein Starreporter des Hauses und Gewinner zahlreicher Journalistenpreise, hatte zugegeben, Geschichten in großem Stil gefälscht zu haben.

Wiebke Loosen gesteht, sie sei heute ganz froh darüber, dass sie sich zum damaligen Zeitpunkt bereits in den Weihnachtsferien befand und somit für erste Statements und Analysen nicht zur Verfügung stehen konnte. Denn für sie als Forscherin sei eine gewisse wissenschaftliche Distanz zu diesem hochkomplexen Fall von Vorteil. Einen guten Monat nach den Enthüllungen nimmt sie sich im BredowCast die Zeit und erzählt vom Stellenwert, aber auch den Fallstricken der journalistischen Reportage und erklärt, warum der Fall Relotius in sämtliche Handbücher für Journalisten Eingang finden wird.

Der Fall habe ihr auch wieder einmal vor Augen geführt, warum es eigentlich so wichtig ist, was sie als Journalismusforscherin tagtäglich tut: beobachten und analysieren, wie Journalismus funktioniert.

Links

Der Fall Claas Relotius
Alle Beiträge zum Fall auf Spiegel Online

Die Reportage
Standardwerk über die Reportage: Haller, M (2008): Die Reportage. Halem Verlag
René Pfister und Horst Seehofers Modelleisenbahn

Journalistenpreise
Journalistenpreise.de
Meedia

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Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI)
Das Institut auf Twitter
E-Mail an das Podcast-Team

BRC036 So tickten Twitterer: Laut, extrovertiert und meinungsstark

Twitterer sind wenige, aber sie sind laut. Mit ihrem Diskurs auf der Plattform haben sie großen Einfluss auf die Berichterstattung der “klassischen Medien”. In seiner Studie hat Dr. Sascha Hölig aktive Twitterer beobachtet und dabei interessante, teilweise nicht gerade schmeichelhafte, Eigenschaften an ihnen erkannt. JournalistInnen sollten dies beachten, wenn sie Twitter als Quelle für ihre Recherchen verwenden. 

Nur etwa 1% der Bevölkerung in Deutschland nutzt die Plattform täglich. Von diesem einen Prozent ist die überwiegende Mehrheit nur passiver Zaungast. Jene, die sich aktiv am Diskurs beteiligen, selbstständig tweeten und die Tweets anderer kommentieren, sind also eine kleine Minderheit. Außerdem sind sie besonders meinungsstark, extrovertiert und haben Tendenzen zum Narzissmus.

Diese Minderheit auf Twitter hat jedoch großen Einfluss. Denn gerade bei Journalisten ist dieses Netzwerk sehr beliebt und Twitter-Diskurse finden schnell den Weg in „klassische Medien“. Wie legitim ist es, seine Berichterstattung von einer Minderheit leiten zu lassen? Trägt die Orientierung an Twitter zum schwindenden Vertrauen in die „klassischen Medien“ bei? Was bedeutet Twitter für den Journalismus in Deutschland? Diese Fragen klären Dr. Sascha Hölig und Gastgeberin Johanna Sebauer in der 36. Folge des BredowCasts.

Die Studie von Dr. Sascha Hölig ist in der eLibrary des Nomos Verlages kostenfrei zugänglich.

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BRC027 Datenjournalismus

Mit welcher Begeisterung sich auch die studentischen Mitarbeiterinnen am Institut dem Thema Datenjournalismus widmen, lässt der 27. BredowCast erkennen, der sich mit dieser neuen Form von Journalismus beschäftigt.

Datengetriebener Journalismus ist auch in der Forschung zu einem Boom-Thema geworden. Seit 2013 untersuchen wir im Projekt des Hans-Bredow-Instituts „Wenn aus Daten Journalismus wird“ erstmals über einen längeren Zeitraum und über Ländergrenzen hinweg die Projekte, die für den Data Journalism Award nominiert wurden, also als „Gold-Standard“ des internationalen Datenjournalismus gelten. Was zeichnet diese Projekte aus? Die beiden studentischen Mitarbeiterinnen Anne Schmitz und Hannah Immler haben die nominierten Beiträge qualitativ untersucht und geben in diesem BredowCast einen spannenden Einblick in ihre Arbeit und die untersuchten Projekte.

Im Podcast erwähnte Projekte:

 

BRC026 Personal Branding im Journalismus II

Wie werden Journalisten zu Marken? Im zweiten BredowCast mit Julius Reimer zu seinem Promotionsprojekt “Personal Branding im Journalismus” spricht er über seine neuesten Erkenntnisse.

Julius Reimer erforscht in seiner Promotion die Dimensionen von Journalistenmarken. Nicht nur Alpha-Journalist und Edelfeder kamen dabei zum Vorschein. Soziale Medien und neue digitale Plattformen spielen heute eine große Rolle für das Markenimage. Auch die Bedeutung von Kontaktnetzwerken, Spezialisierung und persönlichen Eigenschaften hat Julius Reimer in seiner Analyse erfasst. Dieser BredowCast öffnet einen Einblick in den Promotionsprozess und eine Vorschau auf die Ergebnisse seiner Dissertation.

Der erste BredowCast (Folge #10) zu Personal Branding im Journalismus ist hier zu hören.

BRC022 Das SCAN-Projekt 2

Die manuelle Sichtung von Publikumsrückmeldungen in den digitalen Medien ist zeitintensiv. Schnellere automatische Analyseverfahren sind meist auf wenige Features beschränkt und überwiegend auf quantifizierende Messungen angelegt. Die Möglichkeiten, Nutzerkommentare mit Hilfe von Algorithmen auch inhaltlich zu erfassen, stehen noch immer am Anfang.

Das Projekt SCAN (Systematische Inhaltsanalyse von Nutzerkommentaren für Journalisten) widmet sich diesem Problem und will ein Software-System entwickeln, das Journalisten bei der Analyse, dem Filtern und Zusammenfassen von nutzergenerierten Inhalten unterstützt.

Dr. Wiebke Loosen und Lisa Merten vom Hans-Bredow-Institut arbeiten hierfür mit Prof. Dr. Walid Maalej und seinem Team von der Informatik der Universität Hamburg gemeinsam an einer Lösung und erproben gleichzeitig eine neue Form interdisziplinärer Kooperation.

Prof. Dr. Walid Maalej und Marlo Häring erzählen im 22. BredowCast davon, wo das Projekt steht, was Algorithmen können und welche Herausforderungen die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Informatik und Kommunikationswissenschaft mit sich gebracht hat.

Marlo Häring und Prof. Dr. Walid Maalej (von links)

Marlo Häring und Prof. Dr. Walid Maalej (von links)

Kicker im Pausenraum der Informatik an der Universität Hamburg

Kicker im Pausenraum der Informatik an der Universität Hamburg

Besprechungsraum der Informatik der Universität Hamburg

Besprechungsraum der Informatik der Universität Hamburg

BRC010 Personal Branding im Journalismus

Im zehnten BredowCast spricht Daniela Friedrich mit Julius Reimer über sein Dissertationsprojekt „Personal Branding im Journalismus“. Er untersucht darin die Markenstrategien von Journalistinnen und Journalisten. Neue digitale Medien, Transparenz im (Online-)Journalismus und andere aktuelle Phänomene lassen einzelne Journalistinnen und Journalisten sichtbarer werden als noch zu Zeiten der „alten“ Massenmedien. Das Publikum hat mit den neuen Medien neue Ansprüche und Interessen ausgebildet, die sich auch auf die Akteure des Journalismus richten. Zudem haben sich die Beschäftigungsverhältnisse in den Redaktionen in den letzten Jahren so verändert, dass von prekären Bedingungen gesprochen werden kann. In seiner Dissertation untersucht Julius Reimer, wie diese Veränderungen die Entwicklung von Marken einzelner Journalistinnen und Journalisten in Ergänzung oder auch Abgrenzung zu Medien- bzw. Redaktionsmarken begünstigen. Auf Basis von Leitfaden-Interviews mit Journalistinnen und Journalisten in unterschiedlichen Stadien der Markenbildung hat er die konkreten Markenführungsstrategien empirisch untersucht.

Im BredowCast berichtet Julius Reimer davon, was er bisher über die Markenbildung von Journalisten und Journalistinnen herausfinden konnte, geht auf besondere Bedingungen ein und gibt Einblicke in die Erlebnisse seiner Forschungsarbeit.