BRC072 Vom Medienjournalismus in die Medienforschung

Als Chefredakteurin des Branchenmagazins journalist hat Anna von Garmissen viele Jahre über den Medienbetrieb in Deutschland berichtet. Nun erforscht sie ihn wissenschaftlich. Wie sie den Wechsel von der Praxis in die Forschung erlebt hat, was Medienjournalismus und Medienforschung trennt und verbindet, erzählt sie im BredowCast

„Als Gesellschaft können wir es uns gar nicht leisten, NICHT über die Medienlandschaft zu berichten!“, sagt Anna von Garmissen. Über zwanzig Jahre lang hat sie in vielen namhaften Branchenblätter (journalist, kress, Übermedien, die Medienseiten der Süddeutschen Zeitung) den Journalismus kritisch beobachtet und weiß um  die Notwendigkeit einer kritischen Begleitung von Medienleistungen. Vor allem in der aktuellen Pandemiesituation werde dies deutlich. Die Themen Transparenz und Glaubwürdigkeit etwa seien in der Vergangenheit von vielen Medienhäusern vernachlässigt worden. „Das fällt nun einigen auf die Füße. Sie müssen richtig strampeln, um dies nachzuholen.“ Diese Entwicklungen müsse der Medienjournalismus im Blick haben und ein breites Publikum daran teilhaben lassen.

Wechsel in die Forschung

Seit April 2021 arbeitet Anna von Garmissen als Forscherin am HBI. Ihre Wurzeln als Medienjournalistin sieht sie als Vorteil. „Ich bringe neue Aspekte mit rein, habe möglicherweise andere Herangehensweisen und natürlich ein entsprechendes Netzwerk innerhalb der Journalist:innen-Blase. Das ist nie verkehrt.“

Eine Herausforderung sieht sie jedoch auch: Durch ihre persönlichen Erfahrungen und ihre Verbundenheit zum Journalismus gehen ihr die Forschungsthemen emotional nahe. In ihrem aktuellen Projekt „Journalismus unter Druck“ erforscht sie aktuelle Bedrohungen für Journalist:innen und wie sie damit umgehen – von Hassmails bis zu körperlichen Angriffen auf Demonstrationen. „Das Thema berührt micht sehr. Wahrscheinlich mehr als so manche Kollegin, die eine größere Distanz zu der Sache hat.“

Brücke zwischen Forschung und Praxis

Wünschenswert für Medienjournalismus sowie –forschung wäre, wenn sich die Beziehung der zwei Bereiche intensivieren würden. „Als Medienjournalistin bekommt man oft nur am Rande mit, was in der Forschung gerade passiert. Das ist schade. Wir bräuchten stabilere Brücken.“

 

Links

Anna von Garmissen

Johanna Sebauer

Kontakt

 

 

BRC071 Social Media-Nutzung der Kandidierenden zur BTW 2021

PD Dr. Jan-Hinrik Schmidt hat mit einem Team junger Forscher:innen im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 die Social Media-Präsenz aller 6.211 Kandidierenden erhoben.

Ganz ehrlich: Ist es nicht ein bisschen altbacken, den Einsatz von Social Media im Wahlkampf zu erforschen? Nein, sagt Jan-Hinrik Schmidt, denn Soziale Netzwerke verändern sich und damit auch die (politische) Kommunikation auf ihnen. Während beim Bundestagswahlkampf 2009 heute steinzeitlich anmutenden Plattformen wie studiVZ und oder wer-kennt-wen.de zum Einsatz kamen, setzt man nun auf Facebook, Twitter, Instagram und TikTok, auf denen die Kommunikationsgepflogenheiten gänzlich andere sind. Die kontinuierliche Beobachtung der Social Media-Nutzung zur Wahlkampfkommunikation sei wichtig, um langfristige Entwicklungen zu dokumentieren.

 Ergebnisse

Erhoben wurde bei dieser Studie die Präsenz auf Facebook und Twitter. In künftigen Studien soll der Erhebungsrahmen auf Instagram und TikTok ausgeweitet werden. Die Ergebnisse zeigen: Zwei Drittel aller Kandidierenden zur Bundestagswahl 2021 nutzten Social Media, sie waren entweder Facebook oder Twitter vertreten. Ein Drittel der Kandidierenden nutzt ausschließlich Facebook, etwa fünf Prozent waren ausschließlich auf Twitter atkiv.

Links

Dr. Jan-Hinrik Schmidt

Johanna Sebauer

Kontakt

BRC070 Zusammenhaltssensibler Journalismus

Ist Journalismus verantwortlich für gesellschaftlichen Zusammenhalt? Verena Albert berichtet aus einem Projekt des HBI, das sich dieser Frage annimmt.

Mit Expert*innen aus Journalismus, Wissenschaft, Integrationsarbeit und NGOs hat eine Forschungsgruppe des HBI die Rolle des Journalismus im gesellschaftlichen Zusammenhalt diskutiert.

In vier Online-Gruppendiskussionen tauschten sich die Teilnehmenden aus über den Zusammenhang zwischen Journalismus und gesellschaftlichem Zusammenhalt und entwickelten Ideen, wie ein „zusammenhaltssensibler“ Journalismus aussehen könnte. Die Ergebnisse dieser Diskussionen bündelten Verena Albert und ihre Kolleg*innen in einem Arbeitspapier.

„Die Mehrheit der Teilnehmenden hält einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt für einen wünschenswerten Zustand, zu dem Journalismus beitragen könne“, sagt Verena Albert. Einige Expert*innen seien aber auch der Ansicht gewesen, dass die Förderung gesellschaftlichen Zusammenhalts kein grundlegendes Ziel des Journalismus sei, sondern eher ein Nebenprodukt von “gutem”, professionellen Regeln folgendem Journalismus.

Wie genau kann dies aber gelingen? In den Gruppengesprächen haben sich drei Kernfragen herauskristallisiert: (1) Inwiefern erreicht Journalismus die Gesellschaft? (2) Wie bildet er die Gesellschaft ab? Und (3): Wie fördert er Dialog innerhalb der Gesellschaft?

Links

Literatur

Forschungsprojekt

Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ)

Verena Albert

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

 

BRC069 Plattformregulierung: Von den Kleinen lernen

Die Debatten um Plattformregulierung drehen sich oft bloß um die großen Player: Google, Facebook, Twitter. Ein Blick auf die kleineren und mittleren Plattformen lohnt sich jedoch, sagt Christina Dinar im BredowCast.

Als kleine oder mittlere Plattform gilt eine Plattform nach Christina Dinars Definition dann, wenn sie weniger als 2 Mio. registrierte Nutzer*innen im Inland verzeichnet. Sie ist somit nicht vom NetzDG erfasst, muss keinen gesetzlichen Vorgaben zur Inhaltemoderation folgen, sondern kann eigene Wege gehen.

Die Content-Moderation sei auf kleineren Plattformen tendenziell communityorientierter und funktioniere (notgedrungen) oft auf ehrenamtlicher Basis, beobachtet Christina Dinar. Moderator*innen seien meist selbst ein aktiver Teil der Community dadurch würden ihre Entscheidungen über z.B. Inhaltelöschungen viel eher von der Community getragen, als jene, die, von einer externen Instanz vorbenommen würden, wie es bei großen Plattformen oft der Fall ist.

Für Christina Dinar ist der Erfolg dieser communitybasierten (Selbst-)Regulierung keine Überraschung. Aus dem Fachbereich der Sozialen Arbeit und der Pädagogik kommend, hat sie das Konzept des „Digital Streetwork“ mitbegründet, das bestehende Ansätze von Unterstützungsangeboten in eine digitale Umwelt transformiert.

„Eine Handvoll Sozialarbeiter*innen im Netz, würden viele externe Content-Manager*innen ersetzen“, ist Christina Dinar überzeugt. Sie würden aufkeimende Konflikte innerhalb der Community rechtzeitig thematisieren, sodass sie gar nicht erst zu jenem Punkt hochkochen, an dem Löschungen von beispielsweise beleidigenden Inhalten notwendig sind. Ein Aspekt, den großen Plattformen in Sachen Inhaltemoderation von den kleinen lernen können.

 

Links

Blogartikel zum Thema

Dipl.-Päd. Christina DInar

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

BRC068 Literatur im Radio

Literatur und Radio verbindet eine besondere Beziehung – von den ersten Tagen des Rundfunks bis in die aktuelle Gegenwart. Senior Researcher Dr. Hans-Ulrich Wagner im Gespräch mit Johanna Sebauer über die Entwicklung einer Symbiose.

Bereits kurz nach der ersten Rundfunksendung in Deutschland im Oktober 1923 begannen Schriftsteller*innen und das apparative Medium Radio aufeinander zuzugehen. Mit neuen technischen Mitteln wurde das Geschichtenerzählen für die Ohren erprobt. Das Hörspiel war geboren. Autor Alfred Döblin bezeichnete den Rundfunk gar als Rückkehr zum Ursprung des Geschichtenerzählens, der im mündlichen Erzählen liegt.

Nach bescheidenen Anfängen, begann sich das Schreiben für das Radio rasch zu professionalisieren. In der nach dem Ende des Krieges unter den Alliierten neu aufgebauten dezentralen Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entstand sogar ein regelrechter Wettbewerb untereinander, der selbstverständlichen Rolle als Kulturfaktor gerecht zu werden, berichtet Dr. Hans-Ulrich Wagner. „Man wollte gute Autor*innen gewinnen, die besten Texte für das eigene Haus erhalten. Mitunter legten kleinere Anstalten zusammen, um an das Honorarniveau der großen Anstalten heranzureichen.“

Aktuelle Herausforderungen

Dr. Hans-Ulrich Wagner erforscht aber nicht nur historische Zusammenhänge, wie Autor*innen mit dem Rundfunk umgegangen sind und wie der Rundfunk sich als Kulturproduzent legitimierte. Aus seiner Arbeit als Kritiker und Juror weiß er, wie Hörspielautor*innen heute mit den Folgen der Digitalisierung konfrontiert sind und dass diese ihrer Zunft nicht nur Gutes bescheren.

Im Juni veröffentlichten zahlreiche Autor*innen einen an die ARD adressierten offenen Brief. Darin beklagen sie die aktuellen Honorarbedingungen und Vergütungsregeln, vor allem was das Onlinestellen ihrer Produktionen in den Mediatheken anbelangt. Denn während in vordigitalen Zeiten ein Hörspiel oft mehrmals wiederholt und von anderen Rundfunkanstalten übernommen wurde – woran die Autor*innen jedes Mal verdienten – reicht ein lediglich einmalig gezahltes Honorar heutzutage nicht aus, die lange Ausarbeitszeit für ein gutes Hörspiel auskömmlich zu finanzieren. Es wird also aktuell ein neues Kapitel dieser symbiotischen Beziehung aufgeschlagen.

Links

Literatur

Wagner, Hans-Ulrich. 2019. “Writers and Radio: How Literary Authors Have Made Use of the Medium over a Century”. TMG Journal for Media History 22 (2): 8–23. DOI: http://doi.org/10.18146/tmg.597

Offener Brief der Hörspielautor*innen

https://www.hans-flesch-gesellschaft.de/

 Dr. Hans-Ulrich Wagner

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

BRC067 Pornoplattformen und ihre Regulierung

Der Regulierungsdiskurs hat beim Thema Pornoplattformen großen Nachholbedarf, sagen die Jurist*innen Valerie Rhein und Martin Fertmann.

Unter den meistgeklickten Websites weltweit finden sich zahlreiche Pornoseiten. Soweit, so wenig überraschend. Umso überraschender aber, dass diese so viel besuchten Seiten bei den heute oft hitzig geführten Debatten über Netzregulierung außen vor bleiben. Und das, obwohl die Gefährdungspotenziale auf diesen Plattformen groß sind: Sie reichen von digitaler Gewalt über nicht-einvernehmlich hochgeladenes Material bis hin zu dokumentiertem Kindesmissbrauch.

Nicht-Debatte

Die Gründe für diese Nicht-Debatte seien vielschichtig, sagen Valerie Rhein und Martin Fertmann. Seit mehreren Monaten tauschen sie sich mit Forscher*innen, Journalist*innen, Aktivist*innen und Betroffenen aus, um einen besseren Überblick über diesen noch nicht gut ausgeleuchtete Themenkomplex zu gewinnen

Einerseits liege es am „Schmuddel-Stigma“, das den Plattformen nach wie vor anhafte, weshalb sich Politiker*innen womöglich lieber anderen, besser vermarktbaren Themen widmen, sagt Valerie Rhein. Andererseits habe die Strukturierung von Pornographie-Webseiten so viele Dimensionen und trage so viel politischen Zündstoff in sich, dass es schwierig sei, überhaupt Ankerpunkte zu finden, an denen man mit Regulierungsmaßnahmen ansetzten könne.

Fehlende Transparenz

Eine generelle Entwicklung, die wir auf sozialen Netzwerken beobachten, ist, dass private Unternehmen wie Facebook, Google etc. private Regeln aufstellen (z. B. Facebooks Community-Standards), die festlegen, wann gegen Inhalte vorgegangen wird und wann nicht. Langsam bewegt sich diese Entwicklung in Richtung einer institutionellen Kontrolle.

Pornographie-Plattformen haben sich diesen Dynamiken bislang entzogen und sind immer noch vergleichsweise intransparent, was Unternehmensstruktur und Nachvollziehbarkeit ihrer Regeln und Praktiken angeht. Erste Anzeichen der Änderung hin zu mehr Transparenz gibt es. Für Valerie Rhein und Martin Fertmann gilt es, diese Entwicklungen weiter zu verfolgen.

Links

Valerie Rhein

Martin Fertmann

Johanna Sebauer

Kontakt

BRC066 Nachrichtennutzung in Deutschland (Reuters Institute Digital News Report 2021)

Der Reuters Institute Digital News Report 2021 hat das Nachrichtennutzungsverhalten in 46 Ländern weltweit erfragt. Die Ergebnisse für Deutschland lieferte das HBI. Co-Autorin Julia Behre erklärt die Befunde im BredowCast.

Am liebsten holen sich die Deutschen ihre Nachrichten nach wie vor aus dem linearen Fernsehen. Zwar wird ihm seit geraumer Zeit der schleichende Tod vorausgesagt, doch die aktuellen Zahlen belegen, dass seine Beliebtheit in allen Altersgruppen sogar wächst. Für 44 Prozent der Befragten ist das Fernsehen die wichtigste Nachrichtenquelle, 70 Prozent nutzen mindestens einmal pro Woche TV-Nachrichten.

Im Vergleich dazu haben Nachrichten in Zeitungen und Zeitschriften (26 %) sowie im Radio (40 %) 2021 in allen Altersgruppen geringere Reichweiten. Dies steht vermutlich im Zusammenhang mit den pandemiebedingten Veränderungen des Arbeitsalltags und dem Wegfallen des Arbeitswegs, welcher oft mit Radiohören im Auto oder dem Kauf einer Zeitung für Pendelfahrten verbunden ist.

Nachrichten auf Social Media

Außerdem sinkt die Nachrichtennutzung auf sozialen Medien. Zwar kommen insbesondere Jüngere häufig auf sozialen Medien mit Nachrichten in Kontakt (52 %), allerdings verzeichnen Nachrichten in sozialen Medien 2021 gegenüber den Vorjahren sinkende Reichweiten in allen Altersgruppen. Unter den 18- bis 24-Jährigen ist der Anteil um vier Prozentpunkte gesunken. Am größten ist der Rückgang mit -11 Prozentpunkten bei den 25- bis 34-Jährigen auf nun 42 Prozent.

Vertrauen in Medien hoch

Das Vertrauen in die Nachrichtenmedien ist im letzten Jahr gestiegen. Insgesamt geben 53 Prozent der erwachsenen Onliner in Deutschland an, den Nachrichten im Allgemeinen zu vertrauen – acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr 2020.

Podcasts stagnieren

Im Gegensatz zum rasanten Anstieg der Nutzungszahlen der Podcasts, war in diesem Jahr eine Stagnation zu beobachten. Ähnlich wie im Vorjahr hörte im Schnitt jeder Vierte einen Podcast pro Woche.

Links

Julia Behre

Johanna Sebauer

Kontakt

BRC065 Intermediäre in der Wissenschaftskommunikation

Mit dem Science Media Center Germany hat Deutschland ein Expertisezentrum, das Journalist*innen bei der Berichterstattung über wissenschaftliche Themen unterstützt. Irene Broer und Louisa Pröschel haben es erforscht.

Das Science Media Center Germany (SMC) arbeitet an jener Schnittstelle, wo wissenschaftliche Expertise auf journalistische Praxis trifft. Das Büro in Köln dient als Anlaufstelle für mit wissenschaftlichen Themen befassten Journalist*innen, bereitet Themen auf und stellt Kontakte zu Expert*innen her. Mit diesem Vermittler oder „Intermediär“ entstehen neue Strukturen in der Wissenschaftskommunikation in Deutschland.

Irene Broer hat im Jahr 2020 mehrere Monate in der Redaktion des SMC verbracht und den Redakteur*innen über die Schulter geschaut. Wie arbeiten sie? Wie wählen sie Themen aus?

Die Ergebnisse dieser Feldforschung hat sie nun gemeinsam mit Louisa Pröschel in einem Arbeitspapier präsentiert. Das SMC erfülle mit seiner Arbeit drei Rollen: Neben der Rolle als „Knowledge-Broker“, der zwischen Wissens-Suchenden und Wissens-Schaffenden vermittelt, seien für das SMC außerdem die Rolle des „Trust-Brokers“ und des „Value-Brokers“ relevant.

Als Trust-Broker arbeite es an der Herstellung und Vermittlung von stabilen Vertrauensverhältnissen zwischen Journalist*innen und der Wissenschaft. Als Value-Broker vermittle es außerdem gesellschaftliche Werte, zum Beispiel im Hinblick auf den Stellenwert der Wissenschaft innerhalb der Gesellschaft.

 

Links

Irene Broer

Louisa Pröschel

Johanna Sebauer

Kontakt

BRC064 Wie informieren sich junge Menschen?

Erstmals hat eine wissenschaftliche Studie mit großer Liebe zum Detail die Nachrichtennutzung junger Menschen ganz genau unter die Lupe genommen. Studienautorin Leonie Wunderlich erzählt davon im BredowCast.

Das gängige Vorurteil, dass Jugendliche und junge Erwachsene sich nicht für Nachrichten interessierten und nur bei ihren Lieblings-YouTubern im Netz abhängen, stimmt so nicht, sagt Leonie Wunderlich. Ihre eben veröffentlichte Studie „Use the News – Nachrichtennutzung und Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter“ liefert wissenschaftliche Belege dafür.

„DIE Jugendlichen als homogene Masse gibt es einfach nicht“, erzählt sie im BredowCast. „Innerhalb der Altersgruppen der 14- bis 17-Jährigen und der 18- bis 24-Jährigen sehen wir immense Unterschiede in der Art des Nachichtenkonsums“

Die #UseTheNews-Studie identifiziert vier Typen der Nachrichtennutzung: die (1) Journalistisch Informationsorientierten, die (2) Gering Informationsorientierten, die (3) Umfassend Informationsorientierten und die (4) Nicht-journalistisch Informationsorientierten.

Bezug zum eigenen Leben fehlt

Die Studie hat außerdem nach der Relevanz von journalistischen Inhalten im Leben der Jungen gefragt und herausgefunden, dass vielen jungen Menschen bei journalistischen Nachrichten oft der Bezug zur eigenen Lebensrealität fehlt. Diesen Bezug herzustellen, sehen die Studienautor*innen daher als wesentlichen Handlungsauftrag für journalistische Nachrichtenmedien.

Die Studie wurde von der Deutschen Presse Agentur (dpa) und der Hamburger Behörde für Kultur und Medien in Auftrag gegeben und vom Leibniz-Institut für Medienforschung durchgeführt.

Links

Zur Studie

Leonie Wunderlich

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut

 

BRC063 Mit Memes Geschichte kommunizieren

Memes sind zu einer Sprache des Internets geworden. Wer sie nicht beherrscht, dem entgeht so manche Stellungnahme und Pointe. Die Medienhistoriker Dr. Hans-Ulrich Wagner und Hermann Breitenborn erklären, warum es sich lohnt, Memes kommunikationswissenschaftlich zu untersuchen, und wie über Memes Geschichte kommuniziert wird.

Der Begriff „Meme“ wurde zum ersten Mal vom einem Evolutionsbiologen verwendet. Richard Dawkins schrieb 1976 in seinem Buch „The Selfish Gene“ über Memes als Merkmale, die „kulturell vererbt“ werden. Im Gegensatz zu biologischen Merkmalen, die sich über Gene innerhalb der Erblinie weiterschreiben, schreiben sich Memes über Praktiken und Nachahmung innerhalb einer Kultur fort. Seit den 1990er Jahren wird der Begriff für sich schnell verbreitende, in unterschiedlichsten Formen wiederkehrende Internet-Phänomene verwendet.

Internet-Memes

Noch vor zehn Jahren musste man nach Memes auf speziellen Meme-Websites (z.B. Memebase) oder auf Plattformen wie reddit oder 9gag suchen. Heute gehören sie zum Alltag und fluten Social-Media-Plattformen. Meist sind es humorvolle Bilder oder Videos mit denen User*innen auf Themen aus (Pop)Kultur, Politik etc. Bezug nehmen. Doch gerne werden Memes auch dazu verwendet, um in den Sozialen Medien auf Ereignisse in beinahe Echtzeit zu reagieren und Aktuelles zu kommentieren.

Historische Themen in Memes

Aus der Fülle des Materials greifen die Wissenschaftler Dr. Hans-Ulrich Wagner und Hermann Breitenborn die Memes auf, die aktuell einen Bezug auf Geschichte herstellen bzw. historische Versatzstücke für ihre Aussagen nutzen. Ihr Fokus liegt auf der Frage, wie historische Themen in Internet-Memes Verwendung finden.

Zwei Kategorien von historischen Memes könne man unterscheiden, sagen die beiden. In der ersten Kategorie findet man Memes, die eine historische Darstellung aufgreifen und diese durch Vervielfältigung und Veränderung zum eigenständigen Meme machen. In der zweiten Kategorie wird historisches Material aufgegriffen und mit aktuellen Bezügen in Verbindung gesetzt. Im Podcast erklären die beiden anhand von drei Beispielen, wie in Memes insbesondere die Themen Holocaust und Nationalsozialismus behandelt werden.

Links

Literatur zum Thema

Im Podcast besprochene Beispiele für historische Memes

Beispiel 1
Historische Memes

Beispiel 2a

Beispiel 2b

Beispiel 3
Historische Memes. Auschwitz. Kellyanne Conway

 

Dr. Hans-Ulrich Wagner

Hermann Breitenborn

Johanna Sebauer

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut